DJ

Ratus

Ratus — du bist DJ, Komponist und YouTuber…

Was hat dich so weit gebracht?

Ich habe mit Musik zu tun, seitdem ich 14 Jahre alt bin. Ich habe früh mit dem Gitarrespielen angefangen, das habe ich mir komplett selbst beigebracht — ich habe in einigen Rockbands gespielt und so weiter… Aber irgendwann habe ich die “free party”-Szene entdeckt und von da an vieles über computergestütztes Musizieren und das DJ-Handwerk gelernt.

Mit 17 Jahren habe ich verstärkt FL Studio verwendet — davor habe ich es nur gebraucht, um Drum-Loops zu machen, die ich dann mit der Gitarre begleitet habe — und schließlich habe ich mir eine Hercules DJControl MP3 und VirtualDJ gekauft.

Mit 18 Jahren habe ich zwei Vinyl-Turntables angeschafft, und viele Schallplatten. Von da an habe ich viele Entscheidungen getroffen, die schließlich mein Leben verändert haben.

Als ich 19 wurde, habe ich meinen ersten Track auf Vinyl veröffentlicht und bin ohne groß nachzudenken aus meiner Heimat in Nordfrankreich weggezogen und nach Toulouse gegangen — zur damaligen Zeit gab es dort einfach die besten Voraussetzungen für elektronische Musik.

Mit Freunden haben wir dort ein Kollektiv gegründet, sogenannte free parties organisiert und unsere Nächte in Clubs und Bars in Toulouse verbracht.

Nebenher habe ich immer mehr Einladungen bekommen, auf vielen verschiedenen Parties und Events aufzulegen und habe neue Tracks auf Vinyl veröffentlicht.

Am Ende bin ich aus der Notwendigkeit heraus freiberuflicher Musikdozent geworden — ich habe computergestütztes Musizieren und DJing gelehrt — aber persönlich fand ich es immer schwierig, Geld von jungen Leuten zu nehmen. Viele hatten einfach selbst zu wenig. Also habe ich mir gesagt: “Warum nimmst Du nicht einfach deinen YouTube-Kanal, an dem Du schon seit Jahren mit deiner eigenen Musik herumbastelst und fängst an, Video-Tutorials zu machen und den Leuten kostenlos Tipps zu geben?!”  Also habe ich meine Software und die Webcam angeworfen, ein kurzes Video gedreht, online gestellt und gewartet, was passiert. Das war wirklich einfach!

Ich habe dann damit angefangen, verschiedene Dinge auf meinem YouTube-Kanal zu produzieren: zum Beispiel über die Geschichte von verschiedenen Musikstilen und Künstlern zu erzählen… Ich teste auch Hardware, mache Musik-Challenges und produziere Live-Shoots, in denen ich komponiere und auch Tipps mit den Zuschauern teile: ich gebe meinen Abonnenten Ratschläge und Ideen, wie sie noch besser werden können!

Ich arbeite schon eine Weile mit einer NGO in Toulouse bei der Risikovermeidung von Musikevents und der Beratung von Veranstaltern zusammen. Für mich ist das eine superwichtige Aufgabe, da die Menschen immer noch ein negativ besetztes Image von der Underground-Kultur haben — ich denke, dass diese Herangehensweise wirklich helfen kann, die Leute zu erziehen und ihre Meinung zu ändern!

Bisher haben wir überall in Frankreich und in einigen Nachbarländern gespielt und mehr als 70 Videos veröffentlicht.  Ich habe vier Alben, zehn EPs und noch eine ganze Menge Tracks auf Vinyl und Sammlungen herausgebracht. Ich kann meiner Leidenschaft wirklich voll nachgehen!

Hast du noch andere Talente?

Hmmmm… schwer zu sagen. Wenn ich jetzt sage, dass ich gut kochen kann und Videospiele mag, würde das auch zählen? [lacht]

Was war die wichtigste Begegnung für dich, was hat dein Leben als DJ am meisten verändert?

Das war ganz klar die Begegnung mit Guigoo, er hat mich in meinem Leben als Künstler und DJ am meisten inspiriert.

Guigoo ist ein Hardtek-Künstler, der schon seit mehr als 20 Jahren in der Szene aktiv ist. Ihm gehört das Label Undergroundtekno, das aktuell meine Musik produziert. Er hat von Anfang an fest an mich geglaubt, seit ich ihn das erste Mal getroffen habe und ist ein Klassetyp.

Ich höre Guigoo, seit ich angefangen habe. Mit ihm zu arbeiten ist eine echte Ehre und ein absolutes Vergnügen.

Was ist dein Lieblingsmusikrichtung?

Ganz ehrlich, ich höre alles und gehe dabei meistens nach Gefühl. Aber wenn ich einen Stil aussuchen müsste… dann würde ich klar Hardtek in all seinen Formen sagen, ob tribal oder ultra-melodisch. Das ist die Musik, die ich am meisten komponiere und selbst höre.

Was ist deine beste Erinnerung an eine DJ-Nacht und warum?

Das war zweifellos meine erste große Show!

Das war exakt am 4. Februar 2012— ich war 21 und im Inox Club in Toulouse gab es eine riesige hardcore-Nacht mit großen Künstlern aus Frankreich und ganz Europa, es war zur Veröffentlichung des neuen Albums der Gruppe Micropoint.

Ich hatte absolut nicht vor, dort aufzulegen. Einige Monate davor habe ich einen Typen getroffen, der für das veranstaltende Label gearbeitet hat.

Zwei Wochen vor der Show ruft mich der Typ an und sagte: “Die Person, die das Warm-Up spielen sollte, schafft es nicht — kannst Du stattdessen spielen?” Da stand ich also, nach zwei Wochen intensivem Stress und jeder Menge Schlafmangel — mitten in einem riesigen Club mit meiner Kiste Schallplatten.

Der Club war komplett leer, als ich mein Set angefangen habe — ich habe mich total auf das Abmischen konzentriert, wollte nicht den kleinsten Fehler machen. Nach 30 oder 45 Minuten habe ich hochgeschaut und der Club war vollgestopft: überall sprangen Leute rum, brüllten durcheinander und amüsierten sich tierisch.

Ich war glücklich und hatte gleichzeitig Angst — es war total seltsam, aber ich konnte mich bis zum Ende des Sets konzentrieren. Als ich von der Bühne gegangen bin, waren alle meine Freunde da — alle sind gekommen, um mir zuzuschauen und sie sind einfach auf mich draufgesprungen!

In diesem Moment spürst du, dass etwas passiert. Dass du gerade einen Traum erfüllst… es ist ein verrücktes Gefühl, unmöglich zu beschreiben. Dann ist es aus mir rausgebrochen und ich habe Freudentränen geweint, das sage ich euch! Für mehrere Minuten!

Du lebst in Toulouse: kannst Du gute Locations empfehlen, wo man gut ausgehen und abfeiern kann?

Locations eher nicht, aber es gibt großartige Teams, denen man in Clubs und Bars folgen kann… Ja, da gibt es einige, die ich euch nennen kann!

In Toulouse gibt es zum Beispiel Anomalik, die Sagouins Crew, Karnage, Rêve Party, Regarts…

Es gibt auch noch sehr viele mehr. Wenn einem eine längere Anreise nicht viel ausmacht oder wenn man auf die free party-Szene steht — aber da kann ich euch nicht alle Namen nennen, sonst geht das hier noch stundenlang! [lacht]

Welchen Ratschlag gibst Du allen mit auf den Weg, die gerade mit dem Auflegen anfangen?

Arbeite — arbeite immer weiter, hör niemals auf. Nimm dich selbst so häufig wie möglich auf, gehe einen Schritt zurück und hör dir an, wie du klingst: sei dein eigener Kritiker.

Sei kreativ und aufgeschlossen. Probiere Dinge aus, aber lass keinen Schritt im Lernprozess aus.

Außerdem, höre den Leuten niemals zu, die dich zwingen wollen, diese oder jene DJ-Plattform zu nutzen und dir erzählen wollen, dass dich das als DJ “echter” wirken lässt — was auch immer das bedeuten soll. Hör darauf, was du selbst tun willst und ignoriere den Rest.

Um besser zu werden, solltest Du nicht zögern, alle Mittel auszuschöpfen — und lernen, wie Du sie am besten verwendest. Es ist so einfach, ins Internet zu gehen und großartige Tutorials zu sämtlichen Themen rauszusuchen, die dich interessieren und die du lernen willst!

Denk daran, man hört niemals auf zu lernen… auch nicht nach 10 oder 20 Jahren 🙂

Welchen Ratschlag gibst Du Leuten, die eine Profikarriere als DJ anstreben?

Mach es nicht der Anerkennung wegen oder weil “es eben cool ist” — und opfere nicht alles dafür, was Du hast.

Wenn Du Student bist: beende dein Studium. Alles kann über Nacht zusammenbrechen und dann bist Du sicherlich froh, auch eine andere Option im Leben zu haben, wenn es als DJ nicht so klappt, wie Du dir das ausgemalt hast.

Wenn Du einen Job hast: behalte ihn. Wenn dir deine DJ-Karriere mehr Geld einbringt als dein “echter Job”, kannst Du dir überlegen aufzuhören. Aber das will wirklich gründlich überlegt sein!

Es ist eine unglaublich anstrengende und zähe Branche, gespickt mit Enttäuschungen. Aber davon abgesehen hat man viele unglaublich spannende Begegnungen, die das Leben und die Sicht auf die Dinge für immer verändern — das ist mal sicher!

Arbeitest Du gerade an irgendwelchen Projekten, die dir besonders wichtig sind?

Ich überlege schon länger, eine etwa 60 bis 90 Minuten lange Dokumentation über den französischen Untergrund zu drehen — also über die illegale Szene.

Ich möchte die Vorbereitungen dafür bis Jahresende beendet haben, aber es ist wirklich viel Arbeit — und da ich das alleine mache, ist es auch relativ kompliziert. Ich lerne gerade viel über Wege der Finanzierung und wie man an Subventionen kommt… und warum nicht auch mal eine Crowdfunding-Kampagne starten?!

Ich habe auch jede Menge Ideen für weitere Alben, die ich gerne machen möchte! Die erste wäre ein Album mit einem Mix aus Metal und elektronischer Musik — ein wenig zurück zu alter Liebe — da kann ich singen, Gitarre spielen und das alles. Die anderen beiden sollen ein wenig konzeptioneller werden… aber darüber möchte noch gar nichts sagen. Folgt mir in den sozialen Medien, wenn ihr auf dem Laufenden bleiben wollt! 😉

Was ist dein Traum als DJ/Komponist?

Mein aktueller Traum wäre es, eine Japan-Tour zu machen — das Land fasziniert mich, seit ich ein Kind war und ich möchte endlich mal mit meine Turntables dorthin reisen!

Außerdem spiele ich gerne auf solchen “Nerd”-Kongressen, Videospielmessen und solchen Veranstaltungen… vor allem in Frankreich und den USA. Auf diesen Events hört man immer alle Musikrichtungen: Rock, electro, trap und so weiter — und es wäre großartig, meine Musik vor Einheimischen zu spielen! [lacht]

Folgt mir in den sozialen Medien — und natürlich auf meinem YouTube-Kanal!

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"Sei kreativ und aufgeschlossen. Probiere Dinge aus, aber lass keinen Schritt im Lernprozess aus." Ratus